Regenerative Leadership:
Das ganzheitliche Nachhaltigkeitsverständnis
Der Übergang von der degenerativen, fragmentierten zur regenerativen Entwicklung
Ein nachhaltiges Verhalten konzentriert sich darauf, Ressourcen so zu nutzen, dass sie auch zukünftigen Generationen zur Verfügung stehen. Es geht darum, den aktuellen Zustand zu bewahren und schädliche Auswirkungen zu minimieren, zu vermeiden.
Das regenerative Nachhaltigkeitsverständnis geht einen Schritt weiter: Es zielt darauf ab, Systeme nicht nur zu erhalten, sondern aktiv zu verbessern und zu revitalisieren.
D. h. regenerative Praktiken fördern die Entwicklung und das Wachstum von Ressourcen. Im regenerativen Nachhaltigkeitsverständnis kommt der ganzheitliche Charakter von Nachhaltigkeit zum Ausdruck.
Regenerative leadership
Wozu regenerative Leadership?
Regenerative Leadership ist heute besonders wichtig, um Organisationen durch die zahlreichen ökologischen, sozialen und wirtschaftlichen Krisen zu steuern. Es reagiert auf die komplexen Herausforderungen der Gegenwart, indem es eine Arbeitsumgebung schafft, in der Menschen resilient werden und gemeinsam an nachhaltigen Lösungen arbeiten. In einer Welt, die von Unsicherheit und schnellen Veränderungen geprägt ist, fördert regenerative Führung das notwendige Bewusstsein und die Achtsamkeit der Stakeholder und stärkt gleichzeitig Organisationen, die sich selbst regenerieren und innovative Antworten auf komplexe Probleme entwickeln.
Was ist regenerative Leadership?
Nachhaltigkeit bezieht sich auf alle Bereiche und damit alle Arten von Ressourcen (materiell wie immateriell). Der Transfer des nachhaltigen Verständnisses auf Führung liegt nahe.
Regenerative Leadership basiert auf den Prinzipien der Regeneration und fördert das Verständnis für komplexe Zusammenhänge. Es ermutigt Führungskräfte, ihre Entscheidungen im Kontext eines größeren Systems zu treffen und Verantwortung für die langfristige Gesundheit und das Wohlbefinden des gesamten Unternehmens sowie der Gesellschaft zu übernehmen.
Wesentliche Grundprinzipien von regenerative Leadership
- Systemisches Denken: Anstatt Probleme isoliert zu betrachten, fördert regenerative Führung das Verständnis für die Verbindungen zwischen verschiedenen Elementen eines Systems. Führungskräfte müssen die tieferliegenden Zusammenhänge verstehen, um nachhaltige Lösungen zu entwickeln. Ein Beispiel hierfür ist die Kreislaufwirtschaft, bei der Materialien nicht nur wiederverwendet werden, um Abfall zu minimieren und natürliche Ressourcen zu schonen, sondern bereits die Auswahl der Materialien und Verarbeitung auf eine mehrfache Wiederverwendung ausgerichtet ist.
- Ganzheitliches Wohlstandskonzept: Regenerative Führungskräfte denken über kurzfristige Gewinne hinaus und haben die langfristigen Auswirkungen ihrer Entscheidungen im Blick. Anstelle eines eindimensionalen Fokus auf Gewinnmaximierung betont regenerative Leadership die Bedeutung von Wohlstand in all seinen Formen – sei es ökologisch, sozial oder finanziell, entlang der drei Nachhaltigkeitsdimensionen. Damit unterstützen sie die Ausrichtung und Verantwortung von nachhaltigen Unternehmen für den wirtschaftlichen Erfolg, sowie das Wohlergehen der Gemeinschaft, der Mitarbeitenden und des Planeten.
- Co-Kreation und Kooperation: Regenerative Führung ermutigt zu einem kollaborativen Ansatz, bei dem alle Stakeholder – von den Mitarbeitenden bis hin zu den Kunden – in Entscheidungsprozesse eingebunden werden. Dies fördert Verantwortungsbewusstsein und Innovation und ermöglicht es Organisationen, Lösungen zu entwickeln, die auf einer breiten Basis von Perspektiven beruhen.
- Lernen und Anpassen: Regenerative Führung setzt auf Lernprozesse, die im Rahmen einer gesunden Fehlerkultur zukunftsfähige Denkweisen fördert im Sinne der Zukunftskompetenzen und Transformation.
Voraussetzung für Regenerative Führung
Erste menschliche Gesellschaften waren egalitär und basierten auf einer engen Verbindung zur Natur. Menschen waren noch Teil eines größeren Ökosystems. Mit zunehmender geistiger Kapazität begann ab der landwirtschaftlichen Revolution vor etwa 10.000 Jahren eine Trennung zwischen „Mensch und Natur“. Diese Trennung wurde durch die patriarchalische Gesellschaft und die fortschreitende Industrialisierung und Rationalisierung verstärkt. Im Zuge der wissenschaftlichen Revolution und der Aufklärung wurde die Natur zunehmend als Ressource zur Ausbeutung betrachtet. In der westlichen Kultur dominierte eine linkshirnige, analytische Denkweise, die das rationale, mechanistische Denken betonte. Infolgedessen wurde das intuitive, ganzheitliche Denken vernachlässigt. Die veränderte Sichtweise auf Natur und der Fokus auf das Äußere – Effizienz, Gewinnmaximierung und Kontrolle – hat nicht nur zu einer Entfremdung von der Natur geführt, sondern auch zu einer inneren Distanz, die viele als innere Leere wahrnehmen.
Eine Art Rückbesinnung und Reintegration erlaubt andere Sichtweisen und daraus resultierend andere Handlungsmöglichkeiten. Dies umfasst sowohl die Wiederverbindung von „Mensch und Natur“, als auch den Wert von Gemeinschaft und das bewusste, ganzheitliche Menschsein mit seinen inneren und äußeren Dimensionen. Nur durch diese integrale Wiederverbindung kann ein wirklich nachhaltiges und regeneratives Führungssystem entstehen.
Regenerative Leadership und Inner Development Goals
Regenerative Leadership und die Inner Development Goals (IDG)
beide betonen die persönliche und kollektive Entwicklung für nachhaltige Transformationen. Kompetenzen, die RL ermöglichen, finden sich im Rahmenwerk der IDGs: z.B.:
- Selbstentwicklung: Regenerative Führung fordert Führungskräfte dazu auf, ein stärkeres Bewusstsein für sich selbst zu entwickeln, um besser mit den Herausforderungen umzugehen. In den IDGs wird dies durch Fähigkeiten wie Selbst-Bewusstsein, Sinnstiftung und kognitive Flexibilität gefördert.
- Systemisches Denken: Die IDGs betonen interpersonelle Fähigkeiten wie inter- und intrapersonelle Verbundenheit und Mitgefühl. Diese Fähigkeiten sind ein wesentlicher Bestandteil regenerativer Führung, da sie Organisationen als lebendige, miteinander verbundene Systeme verstehen.
- Nachhaltigkeit als kollektive Aufgabe: Die IDGs regen dazu an, Verantwortung auf verschiedenen Ebenen zu übernehmen, um die nachhaltigen Entwicklungsziele (SDGs) durch persönliche und organisatorische Veränderungen zu erreichen. Genau darauf baut regenerative Führung auf.
Regenerative Führungskräfte sind oft auch Role Model für Innere Entwicklung in ihren Organisationen. Sie erkennen, dass Kompetenzen wie Empathie, Kreativität und ethisches Bewusstsein entscheidend sind, um echte Veränderungen in der Gesellschaft zu bewirken.
Führungsstile im Überblick
- Regenerative Führung
hebt die Verantwortung für Nachhaltigkeit und langfristige Resilienz hervor. - Adaptive Führung
konzentriert sich auf die Fähigkeit, sich in komplexen und unsicheren Situationen anzupassen. - Transformationale Führung
ist darauf ausgerichtet, durch Vision und Inspiration tiefgreifende Veränderungen zu bewirken. - New Leadership
stellt den Fokus auf Kollaboration, Empowerment und Partizipation. - New Work Leadership
berücksichtigt die neuen Arbeitsmodelle und die Bedürfnisse der Mitarbeitenden in einer digitalisierten Welt.
Zukunftsfähige Führung
Regenerative Führung umfasst viele Elemente der anderen Stile und bietet einen ganzheitlicheren Ansatz, der es Führungskräften ermöglicht, die jeweils passende Führungskompetenz situativ zu fokussieren. In diesem Sinne ist regenerative Führung nicht nur eine Sammlung von Führungsstilen, sondern ein umfassendes Konzept oder übergeordneter, integrativer Rahmen, der die Kernprinzipien von Resilienz, Nachhaltigkeit und systemischem Denken integriert. Eine Abgrenzung zwischen den Führungsstilen dient nur der Orientierung.
Regenerative Führung als übergreifender Rahmen:
- Ganzheitlicher Ansatz: Regenerative Führung stellt den größeren Kontext der Nachhaltigkeit und Resilienz in den Mittelpunkt. Sie bezieht sich auf die Fähigkeit von Führungskräften, eine gesunde und nachhaltige Kultur zu fördern, die über kurzfristige Ziele hinausgeht und langfristiges, regeneratives Wachstum ermöglicht im Sinne der drei Dimensionen von Nachhaltigkeit.
- Kompetenzen, Flexibilität und Situationalität: Regenerative Führung bildet den übergeordneten Rahmen, in dem sich alle relevanten Führungsfähigkeiten vereinen. Es ist ein „Kompetenzpuzzle“, bei dem je nach Situation unterschiedliche Puzzlesteine hervorgehoben werden, ohne dass die anderen vernachlässigt werden oder verloren gehen. Führungskräfte entwickeln dabei ein flexibles Repertoire an Kompetenzen, das es ihnen ermöglicht, den jeweils passenden Führungsstil zu wählen und so auf die Anforderungen einzugehen je nach Situation und den Reifegrad ihres Teams oder ihrer Organisation und der Führungskultur. Dies ist keine Anpassung, sondern eine bewusst gewählte Fokussierung auf das, was zu einem gegebenen Zeitpunkt am förderlichsten ist, stets im Einklang mit den grundlegenden Prinzipien der regenerativen Führung.
Vorteile dieses integrativen Ansatzes:
- Vermeidung von Verwirrung: Führungskräfte müssen nicht ständig zwischen verschiedenen Führungsstilen hin und her schalten, sondern können die Prinzipien der regenerativen Führung als einen klaren, übergeordneten Rahmen nutzen. Dadurch wird der Entwicklungsprozess vereinfacht und Führungskräfte können ihre Kompetenzen gezielt und auf nachhaltige Weise ausbauen.
- Förderung von Resilienz: Indem regenerative Führung als grundlegender Ansatz verstanden wird, wird das Augenmerk auf die Förderung von Resilienz und langfristigem Wachstum gelegt. Führungskräfte müssen nicht nur kurzfristige Probleme lösen, sondern auch eine Kultur schaffen, die die Organisation in unsicheren Zeiten unterstützt und stabilisiert.
- Langfristiger Nutzen: Der integrative Charakter regenerativer Führung führt zu einer stabileren und gesünderen Führungs- und damit Unternehmenskultur, die in der Lage ist, sich kontinuierlich an Veränderungen anzupassen, ohne ihre Grundwerte zu verlieren. So wird die Organisation in die Lage versetzt, nachhaltig zu wachsen und sich weiterzuentwickeln.
Fazit
Regenerative Führung bietet einen integrativen Ansatz, um nachhaltige Veränderung in Organisationen zu fördern. Indem Führungskräfte die Prinzipien der Regeneration umsetzen, können sie nachhaltige Praktiken wie ressourcenschonende Arbeitsprozesse und faire Arbeitsbedingungen etablieren und gleichzeitig das Wohlbefinden der Mitarbeitenden fördern. Diese Führung basiert auf einem übergeordneten Rahmen, der es ermöglicht, je nach Situation verschiedene Führungsstile anzuwenden, ohne die grundlegenden Werte zu vernachlässigen. Durch die Kombination von persönlicher Regeneration, systemischem Denken und ethischer Verantwortung entsteht eine resiliente Führungskultur, die Organisation erfolgreich in eine nachhaltige, resiliente Zukunft führt.
Nachhaltigkeit erhält Ressourcen, gemäß dem Nachhaltigkeitsverständnis.
Darin enthalten fokussiert Regeneration auf den Wiederaufbau/-herstellung dieser.
Regenerative Führung bietet einen integrativen Ansatz, um nachhaltige Veränderung in Organisationen zu fördern, indem Führungskräfte die Prinzipien der regenerativen Nachhaltigkeit umsetzen und schafft eine Kultur der Transparenz, Zusammenarbeit und langfristigen Verantwortung.
Regenerative Leadership schafft Unternehmen, die profitabel sind und gleichzeitig einen nachhaltigen Beitrag für die Welt leisten, d. h. es macht Unternehmen zukunftsfähig. Es trägt dazu bei, dass Unternehmen langfristig wachsen können, ohne die Grundlagen des Lebens zu gefährden.
Die Prinzipien sind systemisches Denken, Partizipation, langfristige Perspektiven, Lernbereitschaft und Fürsorglichkeit für Mensch und Umwelt.
Nachhaltigkeit erhält Ressourcen, gemäß dem Nachhaltigkeitsverständnis.
Darin enthalten fokussiert Regeneration auf den Wiederaufbau/-herstellung dieser.
Regenerative Führung bietet einen integrativen Ansatz, um nachhaltige Veränderung in Organisationen zu fördern, indem Führungskräfte die Prinzipien der regenerativen Nachhaltigkeit umsetzen und schafft eine Kultur der Transparenz, Zusammenarbeit und langfristigen Verantwortung.
Regenerative Leadership schafft Unternehmen, die profitabel sind und gleichzeitig einen nachhaltigen Beitrag für die Welt leisten, d. h. es macht Unternehmen zukunftsfähig. Es trägt dazu bei, dass Unternehmen langfristig wachsen können, ohne die Grundlagen des Lebens zu gefährden.
Die Prinzipien sind systemisches Denken, Partizipation, langfristige Perspektiven, Lernbereitschaft und Fürsorglichkeit für Mensch und Umwelt.
Autorinnen
Birgit Freitag
Head of Sustainability – Training and Consulting