Blogeintrag von Kerstin Barghorn | 18.04.2024

Persönlichkeitstests

Vom Sinn und Unsinn von Persönlichkeits­tests in der Personal­arbeit
Psychologische Verfahren zur Analyse von Persönlichkeitsmerkmalen werden in Unternehmen vielfältig eingesetzt. Doch welche Tests sind sinnvoll und welche weniger aussagekräftig oder sogar als kritisch anzusehen in der Personalarbeit?
Woman in discussion

Persönlichkeitstests –
Wo kommen sie zum Einsatz?

Kennen Sie diese Situation? Als Personalentwickler erreicht Sie eine Anfrage aus dem Fachbereich, man wolle gerne für eine Teamentwicklung einen Persönlichkeitstest durchführen, damit man weiß „wie denn alle so ticken“. Ob Sie etwas empfehlen könnten, oder wie wäre es denn mit Test xy? Jetzt sind Sie gefragt. Sie wissen, es gibt ein riesiges Angebot an Persönlichkeitsfragebögen auf dem Markt und nicht alle sind gleich gut.

Andere Situation: Sie sollen im Rahmen eines Auswahlverfahrens auch die Persönlichkeit der Bewerbenden „unter die Lupe nehmen“, um eine möglichst gute Passung zwischen Bewerbenden und Position zu schaffen. Macht das denn Sinn? Schließlich kennen Sie auch in Ihrem eigenen Bereich HR Menschen mit unterschiedlicher Persönlichkeit, die jeweils gut in ihrem Job sind.

Lassen Sie uns in diesem Artikel genauer betrachten, was gute Persönlichkeitstests auszeichnet und in welchen Bereichen die Anwendung tatsächlich sinnvoll ist!

Was macht gute Persönlichkeits­tests aus?

Was macht gute Persönlichkeits­tests aus?

Was macht gute Persönlichkeits­tests aus?

Grundsätzlich müssen wir uns die Frage stellen, was denn einen „guten“, validen Persönlichkeitstest ausmacht und in welchen Anwendungsfeldern die Messung der Persönlichkeit von Menschen sinnvoll ist. Dazu schauen wir uns verschiedene Verfahren an.

Die „Big-Five“ Persönlichkeitsfaktoren

Ein guter Persönlichkeitsfragebogen basiert zunächst einmal auf einem wissenschaftlich fundierten Modell der Persönlichkeit. Jahrzehntelange psychologische Forschung hat gezeigt, dass das Modell der sogenannten „Big-Five“ Persönlichkeitsfaktoren sich über alle Kulturen hinweg mithilfe der Statistik nachweisen lässt (Costa & McCrae, 1985). Diese 5 Persönlichkeitsfaktoren lauten:

  • Extraversion,
  • Offenheit für Erfahrung,
  • Verträglichkeit,
  • Gewissenhaftigkeit und
  • emotionale Stabilität.

Alle Ausprägungen auf den 5 Persönlichkeitsfaktoren oder Dimensionen sind in der Bevölkerung normal verteilt, d.h. es gibt sehr viele Personen mit mittleren Ausprägungen und nur wenige Personen mit extremen Ausprägungen.

Vorsicht vor Labeln!

Vorsicht vor Persönlichkeitstests, die Menschen zu Kategorien zuordnen und mit einem Label belegen!

Diese Tests sind in ihrer geringen Komplexität einfach nachzuvollziehen, sorgen jedoch für eine starre Zuschreibung bestimmter Merkmale, die für die einzelne Person dieser Kategorie oft nicht zutreffend sind.

Persönlichkeitsfragebögen, die auf dem Fünf-Faktoren-Modell aufbauen, bilden die Komplexität und Individualität der Persönlichkeit wesentlich besser ab, da die Ausprägungen auf den 5 Faktoren zusammengenommen unendlich viele Persönlichkeitsprofile ergeben.

Sie sind daher gegenüber Tests, die mit Kategorien arbeiten, zu bevorzugen.

Es gibt kein Richtig oder Falsch

Viele neuere Verfahren nutzen zudem Fragen aus dem Arbeitskontext, anstelle der eher generalistischen Fragen des ursprünglichen Big Five Personality Tests. Dadurch wird die Akzeptanz des Tests im beruflichen Kontext erhöht.

Um eine hohe Akzeptanz eines Persönlichkeitsfragebogens sicherzustellen, sollten Sie als Personaler darauf achten, auf folgende Punkte hinzuweisen:

  • Ein Persönlichkeitstest ist eine Selbstauskunft und spiegelt nur das wider, was ich über mich selbst preisgebe bzw. wie ich mich selbst sehe.
  • Eine Ausprägung auf einer Persönlichkeitsdimension ist niemals richtig oder falsch, gut oder schlecht. Lediglich im Vergleich zu den Anforderungen an meinen Job kann ich ableiten, ob mich bestimmte Persönlichkeitsausprägungen in der Ausübung meiner Tätigkeiten eher unterstützen oder eher behindern.
  • Ein Persönlichkeitstest kann wenig bis nichts über meine konkrete Leistung aussagen, sondern nur darüber, wie anstrengend die Leistungserbringung vermutlich für mich ist.
  • Persönlichkeitstests können Hinweise zu individuellen Verhaltenspräferenzen geben oder zu Arbeitskontexten, die mit hoher Wahrscheinlichkeit individuell motivieren.

 

Wann sind Persönlichkeitstest
tatsächlich sinnvoll?

Aus dieser Aufstellung ergeben sich auch direkt die sinnvollen Anwendungsfelder von Persönlichkeitsanalysen.

  1. Im Teambuilding sind Persönlichkeitstests Ansatzpunkt für Selbstreflektion und die Reflektion von Ähnlichkeit/ Unterschiedlichkeit innerhalb eines Teams sowie die damit verbundenen Stärken und Konfliktpotenziale des Teams.
  1. In Entwicklungsprogrammen sind Persönlichkeitsfragebögen ebenfalls hilfreich für die individuellen Reflexionen darüber, welche Aspekte der aktuellen oder geplanten Tätigkeit dem/der Einzelnen leichter oder schwerer fallen.

Darauf aufbauend können individuelle Entwicklungsmaßnahmen angestoßen werden. Sinnvoll ist hierbei ein zusätzliches Feedback von Führungskraft und ggf. Kollegen, um die Selbstwahrnehmung durch eine Fremdwahrnehmung zu ergänzen.

  1. Bei der Personalauswahl sind konkrete Verhaltensbeobachtungen im Rahmen von Simulationen (z.B. im Assessment Center) sowie professionelle Interviewtechniken die Mittel der Wahl. Diese haben nämlich eine bessere Vorhersagekraft für den späteren Berufserfolg als Persönlichkeitsfragebögen, was durch zahlreiche wissenschaftliche Studien belegt wird (z.B. Grawe, 2002).

Ein Persönlichkeitsfragebogen gibt ergänzend Hinweise dazu, welchen Arbeitskontext eine Person besonders schätzt und auf welche Verhaltensmuster sie gerne zurückgreift.

Die Passung von individuellen Verhaltenspräferenzen zu beruflichen Anforderungen sowie zur Unternehmenskultur sind ein Zusatzbeitrag in der Personalauswahl, den ein Persönlichkeitstest zu leisten im Stande ist. Dabei wird jedoch vorausgesetzt, dass die Bewerbenden den Persönlichkeitsfragebogen offen und ehrlich beantwortet haben.

CONTUR people

WorkPlace
Big Five Profile™

Wir von der CONTUR setzen bei dem Einsatz von Persönlichkeitsfragebögen vor allem auf das WorkPlace Big Five Profile™, das wir bevorzugt zur individuellen Standortbestimmung im Rahmen von Entwicklungs- und Förderprogrammen nutzen.

Die Auswertemöglichkeiten als Kompetenzreport oder als Teamreport schätzen unsere Kunden jedoch auch in der Personalauswahl und in der Teamentwicklung.

Insbesondere die übersichtliche, leicht nachvollziehbare Darstellung der Ergebnisse sowie die beinhalteten Reflexionsfragen und seine hohen Testgütekriterien machen dieses Instrument bei unseren Kunden so beliebt.

Best Practice „Entwicklungsprogramm“

Nach dem Kick-off eines Talentprogramms für einen Konzern im produzierenden Gewerbe füllten die Teilnehmenden das WorkPlace Big Five Profile™ online aus.

Danach erhielten sie automatisch den sogenannten „Trait-Report“, der ausführlich die individuellen Ausprägungen auf den 5 Persönlichkeitsdimensionen sowie die Ausprägungen auf den jeweils zugehörigen Unterskalen beschreibt.

Um die Ergebnisse tiefer zu reflektieren und einzuordnen, nahm jede/r der Teilnehmenden an einem individuellen, virtuellen Debriefing mit einer unserer zertifizierten Beraterinnen teil.

Die 90-minütigen Debriefings unterstützten die Teilnehmenden im Sinne eines Entwicklungscoachings, aufbauend auf den Ergebnissen des Persönlichkeitsprofils.

Leitfragen waren z.B.

  • Wie finden Sie sich selbst im Ergebnis wieder?
  • In welchen Situationen erleben Sie die Ausprägung xy besonders deutlich?
  • Wann ist die Ausprägung für Sie in Ihrem jetzigen Job hilfreich, wann nicht?
  • Welche Ihrer Aufgaben erfüllen Sie mit Energie und wie passt das zu Ihrer Persönlichkeit?
  • Wie gehen Sie mit Aufgaben um, die Sie viel Energie kosten?

Persönlichkeitstests,
die wirklich etwas bewirken

Im Verlauf des Entwicklungsprogramms konnte auf individuelle „Hingucker“ im Persönlichkeitsprofil eingegangen werden. So wurden z.B. Inhalte aus den Bereichen Resilienz und Stressmanagement oder der Umgang mit unterschiedlichen Persönlichkeiten im Konflikt spezifisch an die Bedarfe der Teilnehmenden angepasst.

In Gruppenarbeiten, Tandemarbeit oder Einzelaufgaben wurden immer wieder Bezüge zur eigenen Persönlichkeit hergestellt. Das Kennen der eigenen Persönlichkeit und die damit verbundene Zunahme an Selbststeuerungsfähigkeiten haben die Teilnehmenden als sehr bereichernd empfunden.

Autorin

Dr. Kerstin Barghorn ist Psychologin und leitet den Geschäftsbereich Assessment Solutions bei CONTUR.

Ihre Arbeitsschwerpunkte liegen in der Konzeption passgenauer Instrumente, um Talente zu identifizieren, Potenziale im Rahmen spezifischer Karrierewege zu beurteilen, zur individuellen Standortbestimmung und zur Auswahl von Kandidaten im Sinne eines Best-Fit.

Dabei legt sie besonderen Wert darauf, dass die Assessments einem hohen psychometrischen Qualitätsstandard entsprechen und somit den größtmöglichen Kundennutzen generieren.

Sie möchten Persönlichkeitstests einsetzen? Sprechen Sie mich an!

Barghorn_Kerstin_Conturie

Dr. Kerstin Barghorn

Head of Business Field Assessment Solutions

+49 69 78 90 19 00

k.barghorn@contur-online.de

Autorin

Dr. Kerstin Barghorn ist Psychologin und leitet den Geschäftsbereich Assessment Solutions bei CONTUR.

Ihre Arbeitsschwerpunkte liegen in der Konzeption passgenauer Instrumente, um Talente zu identifizieren, Potenziale im Rahmen spezifischer Karrierewege zu beurteilen, zur individuellen Standortbestimmung und zur Auswahl von Kandidaten im Sinne eines Best-Fit.

Dabei legt sie besonderen Wert darauf, dass die Assessments einem hohen psychometrischen Qualitätsstandard entsprechen und somit den größtmöglichen Kundennutzen generieren.

Sie möchten Persönlichkeitstests einsetzen? Sprechen Sie mich an!