Blogeintrag von Angelika Schrand | 14.06.2023

Inner
Development
Goals

Nachhaltigkeitskompetenzen entwickeln
Inner Development Goals & Green Comp in Unternehmen als Orientierungsrahmen nutzen
CONTUR people 4

Nachhaltigkeit als Megatrend

Nachhaltigkeit ist ein Megatrend und ein Begriff in aller Munde – und dies im privaten und beruflichen Umfeld. Die Einsicht, dass Veränderungen notwendig sind, um die enormen Herausforderungen zu bewältigen, sind unbestritten.

Doch irgendwie haperts an der Umsetzung: am Wollen, am Können und sicherlich auch an Rahmenbedingungen, die es ermöglichen, sowohl im gesamtgesellschaftlichen Umfeld als auch in Unternehmen.

Es gibt unterschiedliche Perspektiven sich diesem Gap in der Umsetzung zu nähern. Dieser Beitrag zeigt Ansätze auf, wie man im betrieblichen Umfeld aus Personalentwicklungsperspektive unterstützen kann, Nachhaltigkeitskompetenzen zu entwickeln – strategisch und pragmatisch.

people planet profit

Nachhaltigkeits-
kompetenzen ganzheitlich betrachten

Im Rahmen der Nachhaltigkeitsdiskussion ist bei vielen die Klimakrise sofort präsent. Doch wie schon in den Sustainable Development Goals (den 17 SDGs der Vereinten Nationen) erarbeitet, geht es bei Nachhaltigkeit um mehr als die Erreichung der ökologischen Ziele.

Im 2022 veröffentlichten Buch des Club of RomeEarth for All“ werden die zwei Kernziele benannt, die sich wechselseitig bedingen und nicht isoliert angegangen werden können: globale/soziale Gerechtigkeit und ein gesunder Planet. Um diese zu erreichen, muss auch im wirtschaftlichen Umfeld umgedacht und umgesteuert werden – als ganzheitliche Verantwortung. 

ESG-Kriterien

Im betrieblichen Umfeld werden die ESG-Kriterien (Environment, Social , Governance) in den Managementprozess eingesteuert. Über Ziele, Kennzahlen und Maßnahmen werden Fortschritte erzielt und im Nachhaltigkeitsreporting berichtet. Dieses Vorgehen könnte bereits als Strategie bezeichnet werden, um ein Nachhaltigkeitsmanagement zu etablieren.

Um aber die wechselseitigen Abhängigkeiten zu berücksichtigen und ganzheitlich nachhaltig zu agieren, reicht dies nicht aus und es bedarf einer umfassenderen Betrachtung. Welche Auswirkung hat mein Handeln und haben die Entscheidungen, die wir auf sozialer, ökologischer und wirtschaftlicher Ebene treffen?

Nachdem der erste Teil des Fachbegriffs „Nachhaltigkeitskompetenzen“ definiert wurde, fehlt ergänzend ein Verständnis vom zweiten Wortteil „Kompetenzen“. Unter Kompetenzen werden Wissen, Fähigkeiten und Einstellungen verstanden, um unterschiedliche Anforderungen bewältigen zu können.

Nachhaltigkeitskompetenz für alle

Die ganzheitliche Betrachtung und grundlegendes Wissen, Fähigkeiten und Einstellungen hierzu sehen wir als „grundlegende“ Nachhaltigkeitskompetenz an, die auch komplementär zu dem bspw. von den Vereinten Nationen genannten Green General Skill Index zu sehen sind.

Letzterer umfasst eher Qualifikationen und ist fachlich orientiert: Sie umfassen Engineering, Science, Operation Management und Monitoring Skills.

Auf dem Weg zu einem nachhaltigeren Unternehmen ist eine fachliche Analyse der notwendigen Nachhaltigkeitsskills unabdingbar.

Zudem gilt es, wie in mehreren Interviews mit Sustainability Verantwortlichen deutlich wurde, fachliche Expertise in den unterschiedlichsten Themen wie Kreislaufwirtschaft, EU-Taxonomie, Energiemanagement, Biodiversität oder Compliance aufzubauen, jeweils in Abhängigkeit von Branche, Produktportfolio und Bereich im Unternehmen in unterschiedlicher Tiefe.

 

Eine Finanzabteilung beschäftigt sich intensiver mit der EU Taxonomie, aber ein grundlegendes Verständnis zur Kreislaufwirtschaft, ein Kernhebel um in Industrieunternehmen nachhaltiger zu werden, ist mehr als sinnvoll. Daher wird in Unternehmen oftmals mit fachlicher Kompetenzentwicklung gestartet.

Es gibt auch Unternehmen, die eine weitergehende Ambition formulieren und Nachhaltigkeit strategisch als Chance sehen. Sie wollen mehr als nur die rechtlichen Anforderungen erfüllen. Deswegen erkennen sie auch zunehmend die Notwendigkeit einer Kulturveränderung, einer Involvierung von allen auf jedem Level, um eine Sustainability-DNA zu generieren.

„It helps to build accountability at all levels so that delivering broad-based stakeholder value becomes the responsibility of all employees.“ (Accenture & World Economic Forum 2021)

Green Comp

Green Comp

Ein europäischer Referenzrahmen zur Entwicklung von Nachhaltigkeitskompetenz

Der Green Comp wurde im Auftrag der Europäischen Union von der „Gemeinsamen Forschungsstelle der Europäischen Kommission“ (Joint Research Centre, JRC) entwickelt. Internationale Expert:innen verschiedener Disziplinen aus dem Bildungsbereich wurden einbezogen.

Es ist eine politische Maßnahme des Green Deals als Katalysator und als Referenzrahmen, um das Lernen für ökologische Nachhaltigkeit über alle Lebensphasen zu unterstützen.

In 4 Kategorien werden 12 Kompetenzen beschrieben.

Green Comp Kompetenzen entwickeln

Die Zielsetzung ist es, einen Referenzrahmen für Nachhaltigkeitskompetenz im Allgemeinen und im beruflichen Bildungsbereich zu bieten.

Daher werden die einzelnen Kompetenzen auch noch weiter dekliniert in beobachtbare Kenntnisse, Fähigkeiten und welche Einstellungen sichtbar werden. Dies ermöglicht eine Evaluation, ob die Kompetenz erworben wurde.

Aus praxisorientierter Personalentwicklungsperspektive bietet dieser Rahmen einige Ansatzpunkte zur Umsetzung. So lassen sich bspw. in Methodentrainings zu Problemlösung und Entscheidungsfindung einige Kompetenzen aufnehmen und auch fachliche „Nachhaltigkeits-Trainings“ entlang der Kompetenzen didaktisch aufbauen.

Und er ist sicherlich auch ein guter Kriterienkatalog zur Auswahl und Weiterbildung von Nachhaltigkeitsverantwortlichen in Unternehmen.

Inner Development Goals

Ist die Zielsetzung im Unternehmen eine „Sustainability Kultur“ zu entwickeln und ins Handeln zu kommen, erscheint die Nutzung der Inner Development Goals (IDG) zusammen mit einer grundsätzlichen Sensibilisierung und Wissensvermittlung zu Nachhaltigkeit zielführender.

Während bei den Green Comp das Handeln für Nachhaltigkeit eine Kategorie umfasst, ist dies bei den IDGs (Inner Development Goals) die zentrale Zielsetzung und der Ausgangspunkt für Entwicklung. Wie können wir innerlich wachsen, um handlungsfähig zu bleiben, und aktiv an der Erreichung der 17 SDGs arbeiten? Und zwar in einem zunehmend komplexeren Umfeld?

Die Inner Development Goals wurden 2020 offiziell von der Ekskäret Foundation, The New Division und der 29k Stiftung zusammen mit einer Gruppe von Forschern, Experten und Praktikern in den Bereichen Führungskräfteentwicklung und Nachhaltigkeit als Non Profit Organisation gegründet.

Auf wissenschaftlicher Basis, mit der Unterstützung von weltweit Beitragenden, haben sie in fünf Dimensionen 23 Kompetenzen ermittelt, die innerliches Wachstum und Entwicklung ermöglichen (IDG Framework).

In 2024 soll in einer weltweiten Studie in 100 Ländern mit mehr als 100 000 Teilnehmenden evaluiert werden, ob es diese Kompetenzen sind, die die Transformation in eine nachhaltige Gesellschaft und Wirtschaft unterstützen.

Unabhängig davon bieten sie einen gute Orientierung, um Personalentwicklungsprogramme und -maßnahmen durchzuführen.

 

Inner Development Goals

23 Kompetenzen in fünf Dimensionen, die innerliches Wachstum und Entwicklung ermöglichen.

Innerer Kompass, Integrität und Authentizität, Offenheit und Lernbereitschaft, Selbstwahrnehmung, Präsenz

Kritisches Denken, Komplexitätsbewusstsein, Perspektivisches Denken, Sinnfindung, Langfristige Orientierung

Wertschätzung, Verbundenheit, Bescheidenheit, Empathie und Mitgefühl

Kommunikationsfähigkeit, Mitgestaltungsfähigkeit, Inklusive Denkweise und interkulturelle Kompetenz, Vertrauen, Mobilisierungsfähigkeit

Mut, Kreativität, Optimismus, Beharrlichkeit

Nutzung der Inner Development Goals in der Personalentwicklung

In Gesprächen mit verschiedensten Personalentwicklungsverantwortlichen und aus eigener Erfahrung sind folgende Umsetzungsideen entstanden (oder teilweise schon umgesetzt):

  • Naheliegend ist die Integration in Führungskräfte- und Talententwicklungsprogramme, denn viele Kompetenzen werden ohnehin vermittelt. Alternativ können sie auch als Extramodul  „Nachhaltigkeit für Führungskräfte“ ein bestehendes Programm erweitern.
  • Doch nicht jedes Managementteam sieht die Notwendigkeit, eine eher „Soft Skill“ orientierte Nachhaltigkeitskompetenz aufzubauen. Hier wäre eine Kopplung an strategische Initiativen denkbar, z.B. im Rahmen von  Changeprojekten oder der Einführung von Führungsleitlinien oder Unternehmenswerten.
  • Manchmal ist es zielführend, einen Pilotbereich zu identifizieren, in dem die Führungskraft „Nachhaltigkeit als Teil der eigenen Businessstrategie“ etablieren möchte. Leuchttürme ziehen an.
  • In Development Centern können Nachhaltigkeitsfallstudien integriert und Kompetenzmodelle angepasst werden.
  • Ein anderer Ansatz wäre es, die IDGs (Inner Development Goals) eher an klassische, bereits im Unternehmen bekanntere Methodentrainings zu koppeln. Problemlösung und Entscheidungsfindung in unsicheren Zeiten ist auch für eher managementorientierte Entscheider nachvollziehbar. Und die IDG-Dimensionen „Collaborating“ und „Acting/Driving Change“ sind als Kompetenzdimensionen auch eher businessorientiert zu verargumentieren.

Insgesamt jedoch lässt sich feststellen, dass die Nutzung der IDGs (Inner Development Goals) noch in den Kinderschuhen steckt.

Reflexion der eigenen Haltung

Seine eigene Haltung zu reflektieren ist ein relevanter Bestandteil auf dem Weg zu einem nachhaltigeren Unternehmen. Denn nur so lässt sich Nachhaltigkeitskompetenz entwickeln, wie wir in beiden Referenzmodellen gesehen haben und wie mir von vielen erfahrenen Sustainability Managern bestätigt wurde.

Für Führungskräfte ist es noch relevanter, da von ihnen erwartet wird, dass sie Nachhaltigkeit vorleben und in diesem Kontext ein gutes Arbeitsumfeld schaffen.

Dies als Personalentwickler als notwendig zu vermitteln, ist sicherlich herausfordernd. Die steigende Bedeutung von Nachhaltigkeit bei der Auswahl des Arbeitsgebers in Kombination mit dem immer stärker durchschlagenden Fachkräftemangel bietet hier eine bisher in meiner Berufslaufbahn noch nie dagewesene gute Argumentationsbasis, um in die Entwicklung von Nachhaltigkeitskompetenz zu investieren.

Nachhaltigkeit: Den Boden bereiten mit einem spielerischen Ansatz

Entsprechend unseres CONTUR Ansatzes als Capability Builder haben wir Formate entwickelt, die nicht nur die Skills vermitteln, sondern das Erlernte direkt umsetzen lassen, um wirksam zu werden und konkrete Ergebnisse zu liefern.

Mit unserer Sustainability Game Experience (SGE) treffen Teilnehmende Geschäftsentscheidungen und erkennen, dass diese Auswirkungen auf sozialer, ökologischer und ökonomischer Ebene haben. Gemeinsam reflektieren sie und arbeiten dann weiter an konkreten Themen in ihrem Arbeitsumfeld.

Ein Einstieg, der den Boden bereitet für weitere Personalentwicklung in Richtung Nachhaltigkeit.

„Just because these things are serious doesn’t mean they need to be boring.“  (www.innerdevelopmentgoals.org/)

Nachhaltigkeit in der Praxis

Autorin

Dr. Angelika Schrand ist Geschäftsführerin der CONTUR.

Sie bringt weitreichende HR- und Changemanagement Expertise aus Tätigkeiten in verschiedenen Branchen und Unternehmensgrößen mit, auch aus Geschäftsleitungsfunktionen.

Seit mehreren Jahren beschäftigt sie sich damit, wie man Nachhaltigkeit in die Unternehmen bringen kann, und verantwortet das Geschäftsfeld Nachhaltigkeit auch in der CONTUR.

Dr. Angelika Schrand

Dr. Angelika Schrand

Geschäftsführerin

+49 511 96 96 8 0

a.schrand@contur-online.de

Autorin

Dr. Angelika Schrand ist Geschäftsführerin der CONTUR.

Sie bringt weitreichende HR- und Changemanagement Expertise aus Tätigkeiten in verschiedenen Branchen und Unternehmensgrößen mit, auch aus Geschäftsleitungsfunktionen.

Seit mehreren Jahren beschäftigt sie sich damit, wie man Nachhaltigkeit in die Unternehmen bringen kann, und verantwortet das Geschäftsfeld Nachhaltigkeit auch in der CONTUR.

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